BITNACHT

Ich habe gestern auf Nebula einen interessanten Beitrag von Georgia Dow und Rene Richie geschaut, der den Titel „Social Media Literacy“ trägt, aber im Kern darum geht, wie Menschen ihre Welt wahrnehmen, wie wir auswählen was wir lesen und was wir glauben und wie weitreichend die Veränderungen sein können, die sich daraus ergeben…

Was ich aus der etwa einstündigen Aufzeichnung mitgenommen habe, ist vor allem eine Bestätigung von mir gut bekannten Thesen und den Appell, sich bewusst gegen negative Einflüsse zu schützen, die sich im Kern durch eine unglückliche Kombination der Eigenschaften von Menschen und der Ökonomie des Internets ergeben.

Das ist jetzt zu abstrakt beschrieben – etwas Geduld - ich werde noch konkreter. Mir spukt das Thema immer mal wieder durch den Kopf. Es erscheint in verschiedenen Gestalten und persönliche Erfahrungen aus Diskussionen auf Twitter und in Online-Foren prägen meine Sichtweise in dieser Frage. Ich betrachte soziale Aspekte gelegentlich gern metaphorisch und mochte beispielsweise die Metaphern im Disney Film Tomorrowland, wo eine Erfindung mit dem schlichten Namen „Monitor“ - eine Art elektronische Glaskugel mit der man in die Zukunft sehen kann - sich am Ende als Gefahr für die ganze Welt entpuppt. Die Hauptfigur versteht: Der Monitor ist wie eine Antenne, die die Zukunft empfängt. Aber entgegen der Grundannahme: sie empfängt nicht nur: Sie sendet auch die Zukunft, die sie voraussagt.

Maßgeblich für Suchmaschinen und Timelines auf Facebook und Co ist nicht die reale Relevanz und Nützlichkeit von Artikeln. Die können die Maschinen nicht ermitteln. Stattdessen wird gemessen, wie viel Diskussion entsteht, wie oft etwas „geteilt wird“ und wie lange Artikel gelesen und Videos angesehen werden. An und für sich wäre das kein Problem, aber die menschliche Psyche hat mit so einer Auswahl eine unangenehme Wechselwirkung:

Wir verwenden unsere meiste Energie und größte Aufmerksamkeit auf Dinge, die wir als Problem oder Bedrohung sehen. Bei Bedrohungen werden wir in einer Form aktiviert, die für ein Leben in der Steinzeit ideal ist. Wir werden emotional und impulsiv. Das resultierende Verhalten ist genau das, was bei der Internetsuche und in sozialen Netzen Themen höher bewertet. Dazu kommt dann noch die Einteilung der Netznutzer in Gruppen nach Interessenlage. Das führt dazu, dass gegenteilige Meldungen oft nicht angezeigt werden und eine Relativierung nicht stattfindet.

Dieses Zusammenspiel schürt Konflikte und behindert den rationalen Diskurs, aber es hat auch negative Effekte auf das Wohlbefinden des Einzelnen. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen verstehen, was im Netz geschieht, damit sie sich selbst helfen können, ein gesundes Weltbild zu erhalten. Wie das im Einzelfall aussieht ist sicher verschieden und das wäre vielleicht ein Thema für einen weiteren Blogeintrag.

Wie so oft gilt auch hier: Es ist eine Sache, etwas im Prinzip zu wissen. Aber erst, wenn man auch sein Verhalten an danach ausrichtet, macht das den Unterschied.