Ich bin nicht gut mit Farben. Die meisten meiner Bilder sind mit einem Bleistift erstellt und wenn ich etwas ohne Vorlage male, sind die Farben oft, als wäre jeder Gegenstand in einem Studio perfekt beleuchtet worden und nicht in einer natürlichen Umgebung mit unterschiedlichen Lichtquellen gesehen.
Außerdem ist mein Umgang mit dem Pinsel noch etwas ungeübt. Als Kind war alles außer Wasserfarben ein Tabu und man war stets darauf bedacht, die vermeintlich teuren Farben und Blöcke nicht zu verschwenden. Ein Fehler! Denn es sind gerade Experimente und missglückte Versuche, die beim Malen langfristig die besten Ergebnisse bringen. „There are no mistakes, just happy accidents“ gab Bob Ross seinen Zuschauern immer auf den Weg.
Um mit Pinsel und Farben einen neuen Einstieg zu finden habe ich mich dann entschieden, etwas zu tun, was man sonst Kindern zur Übung gibt: „Malen nach Zahlen“. Sets dafür gibt es bei Amazon zu genüge, aber sie haben auch Qualitätsunterschiede und manche werden explizit mit dem Zusatz „für Erwachsene und Kinder“ beworben. Insbesondere sollte man bei der Auswahl von gefalteten Leinwänden Abstand nehmen, denn so richtig glatt werden diese nicht wieder. Der Luxus, die Vorlage bereits auf einem Rahmen zu finden, ist leider nicht besonders verbreitet. Aber gerollte Bilder kann man durchaus bekommen.
Die abgebildete Eule ist also für mich das erste Bild, dass ich in meinem Leben mit Acryl angefertigt habe. Es ist auch mein erstes „Malen nach Zahlen“, obwohl ich als Kind einmal an einer kleinen Stelle im Bild eines anderen Kindes mithelfen durfte. Ich war überrascht, wie lange es dauert, bis die gesamte Leinwand mit Farbe bedeckt ist. Anders als bei konventionellem Malen, werden ja keine Farben übereinander gelegt und was sonst ein schneller Strich über das Blatt wäre, wird zu einem Bruchstückpuzzle. Dabei fragt man sich stets Dinge wie: „Deckt dieser Farbton die aufgedruckte Nummer gut genug ab?“ oder „Soll ich hier besser über die Linie gehen, oder mache ich das später mit der Nachbarfarbe?“
Hat man es dann aber geschafft und alle Flächen sind gefüllt, ist man aber mit dem Bild noch gar nicht fertig. Deshalb wäre es oft klüger gewesen, beim Malen nach Zahlen gar nicht so viel Sorgfalt walten zu lassen. Den feinsten Pinsel kann man dabei beinahe ignorieren, denn erst bei der anschließend startenden Phase, sollte damit der Feinschliff gemacht werden. Dabei ist dann auch Kreativität und das Mischen von Farben gefragt. Einige Kästen haben daher auch eine Vorlage dabei, die sich von dem eigentlich enthalten Bild durch eine Vielzahl von zusätzlichen Details unterscheidet und so zeigt, was sich aus dem Motiv herausholen lässt. Die Fehlte bei mir, aber eine Suche mit der Bildersuche von Google brachte ein passendes Ergebnis.
Tatsächlich habe ich die zweite Phase eher kurz gehalten und mich dabei auf das Wesentliche beschränkt. Ein großer Teil des Bildes erschien mir auch in der einfachen Form gut genug, denn der Fokus liegt beim Eulenbild eindeutig auf dem Vordergrund. Zu viele Details im hinteren Wald passen einfach nicht zu den vorhandenen Linien und hätten dem Eindruck geschadet. Aber im Mittelteil des Federkleids und an einigen Stellen im vorderen Ast, hätte ich durchaus mehr machen können – immer mit dem Risiko einen gelungenen Teil des Bildes damit zu ruinieren.
Man sollte von den Ergebnissen in jedem Fall keine Wunder erwarten, aber aus geeigneter Entfernung kann ein „Malen nach Zahlen“-Bild durchaus dekorativ wirken.