Computer und Toaster

Damals hieß es noch DFÜ. Das Internet der 80er waren Mailboxen im Ortstarif, die sich nach und nach fast alle zu Netzwerken zusammenschlossen. 

Ich denke dort habe ich das erste mal über Toaster gelesen. Toaster sind der Inbegriff des Simplen, beinahe niemand liest oder schreibt über Toaster. Aber der Artikel benutzte die Fragestellung, wie es wäre, wenn ein Computerhersteller einen Toaster bauen würde, um zu zeigen, wie schlecht die Situation für den Kunden damals war.

Gerne würde ich hier das Original präsentieren, aber Suchmaschinen sind nutzlos geworden. Denn obwohl der Text populär war und garantiert irgendwo im Web liegt und ich diese eine Zeile sicher richtig erinnere bekomme ich von Google die folgende Antwort:


Keine Ergebnisse für „toaster was designed by a computer company“ gefunden


Nicht mal einen Punkt hat die Antwort und dann folgen Links, die Google für passend hält: FastCompany und LinkedIn haben wohl das Wort Toaster irgendwo. 

Immerhin gibt es einen Link zum VideoToaster (AMIGA!), aber selbst die fliegenden Toaster des einstmals populären AfterDark sind nicht unter den Ergebnissen. 

Was bleibt mir anderes, als die Parodie aus der Erinnerung zum Besten zu geben?


Wenn Ihr Toaster von einem PC-Hersteller entwickelt wäre

Wenn Ihr Toaster von einem PC-Hersteller entwickelt wäre, würden Sie ihn nach mehrtägiger Wartezeit beim Fachhändler abholen und vier Kartons in den Kofferraum legen, die eindeutig anzeigen, welche Seite nach oben zeigen soll und die unter keinen Umständen geworfen, oder geknickt werden sollen. 

Zuhause angekommen, freuen sie sich bereits auf ihren Toast und haben schon den Geruch von schmelzender Butter in der Nase, aber zuerst muss der Toaster zusammengebaut und aufgestellt werden. 

Nachdem Sie die dreisprachige, 12 Seiten starke Aufbauanleitung in einem der Kartons zusammen mit einem dicken Handbuch, Garantieschein, Nachtrag zum Handbuch, Befestigungsschrauben und einem Stück hochglanzpoliertem Plastik, das aussieht wie ein Stanzrest für ein fehlendes Bauteil, gefunden haben, prüfen Sie zuerst, ob alle abgebildeten Teile vorhanden sind. 

Nach einer guten Viertelstunde ist es zwar schon deutlich zu spät für ein zweites Frühstück, aber bis auf zwei Schrauben und einen kurzen Kabelbaum, der vermutlich nur bei einem anderen Toaster-Modell Verwendung findet, ist alles verbaut und der Toaster kann eingesetzt werden. Zuerst rät die Anleitung allerdings, die Elektrifizierung des Hauses zu prüfen, ob die benötigte Leistung auch zur Verfügung ist. Anderenfalls lässt sich beim Hersteller ein Drehstromadapter nachbestellen. 

Gleich, so glauben Sie, werden Sie eine goldgelbe Scheibe Toastbrot erhitzen, aber Ihr Toaster ist von einem PC-Hersteller. Nach dem Einschalten zählt ein kleiner Zähler an der Gehäusevorderseite von 0 an aufwärts. Ein Blick ins Handbuch verrät, dass es sich um einen Sebsttest handelt, und dass anschließend das Datum eingestellt werden muss. 

Nachdem der Zähler 123 erreicht hat bleibt er plötzlich stehen und nach einigen Sekunden erscheint „Fehler -19“ auf der Anzeige. Zuerst denken Sie, der Toaster wäre kaputt, aber sicherheitshalber lesen sie noch einmal in der Anleitung nach und stellen fest, dass Sie beim Selbsttest keine Scheiben in den Toaster gelegt haben dürfen. Sie hatten den Toast aber schon lose eingelegt, ohne ihn herunterzudrücken. 

Sie wiederholen den Selbsttest und geben ordnungsgemäß das Datum, die Uhrzeit, Längen- und Breitengrad, Postleitzahl, Sprache und Höhe über dem Meeresspiegel ein. Anschließend verkündet die Anzeige „Einrichtung abgeschlossen“ und freudig legen sie zwei Scheiben ein und betätigen den Start-/Absenkhebel an der Seite.

Aber Ihr Toaster wurde von einem PC-Hersteller entworfen, und obwohl der Hebel nach unten geht, bleibt der Toast an Ort und Stelle und auf der Anzeige steht: „Stellen Sie den gewünschten Bräunungsgrad ein: 0 - Weißbrot, 1 - leicht erwärmen, 2 - stärker erwärmen, 3 - leicht bräunen, 4  - bräunen, 5 - stark bräunen, 6 - verbrennen“. Nach Eingabe der Vier folgen aber noch fünf weitere Fragen: Maximale Temperatur beim Bräunen, Gewünschte Temperatur beim Auswerfen, Lautstärke des Auswurftones, Scheibengröße und schließlich „Toastsorte“. 

Sie geben „Buttertoast“ ein, aber die Eingabemaske erwartet einen fünfstelligen Code. Nach einigem Suchen im Handbuch entdecken sie eine lange Tabelle mit Codes. „Buttertoast“ ist die 57361, aber eine Fußnote verrät, dass diese Toastsorte nur mit einem separat erhältlichen extra Glühdrahtset verfügbar wird und dass für Vollkorntoast nur die Marken Harry, Lieken und Brotland verwendet werden können.

Da sie jetzt endgültig  genug haben, geben sie wahllos irgendeinen Code aus der Tabelle ein und bekommen nach 10 Minuten eine verbrannte, aber inzwischen kalte und eine ungetoastete Scheibe zurück. Daraufhin holen Sie Ihre Bratpfanne und machen die verbleibende Scheibe mit etwas Butter auf der Herdplatte zu einem wohlverdienten Abendbrot.

© Sven Mertens 2019