Der Sound macht die Musik

Es gab viele Musikprogramme für Computer, aber keines war am Ende der 80er bedeutender als der Soundtracker.

Heute ist es beinahe vergessen, aber in der Welt der Computer war die Darstellung von Noten und Pianorollen nicht immer das Nonplusultra. Während es klassischen Notensatz bei vielen Titeln gab (zb. Aegis Sonix, Fairlight) und viele Sequencer (wie Cubase oder Bars'n'Pipes) gerne einen Klang als einen Balken anzeigten, hatten Programme wie Chris Hülsbecks Sound Monitor, Romuzak und später (Octa)Med eine Darstellung, die wie ein Speicherauszug aussieht, aber klar lesbare Notennamen mit Oktavangabe benutzt.

Soundtracker arrangierte die 4 Tonkanäle (Stereo: 2 links, 2 rechts) des Amigas als Spalten zu meist 64 Beats. Das war ein Pattern. Diese Pattern konnten dann in einer Sequenz beliebig arrangiert werden. Jeder Note im Pattern war eine Sample Nummer zugeordnet. Die Samples hierfür konnte man aus einer selbst erweiterterbaren Klangbibliothek von anfangs 9 Disketten wählen. Viele der Klänge stammten von beliebten Keyboards aus der Zeit. Wir selbst haben ein Yamaha PSR-38 und eine echte E-Gitarre gesampled, um unsere Stücke aufzupeppen. Auch der eine oder andere Sound aus einem Lied, das man mochte, wurde kurzerhand von einer Audiokassette gesampled: Yello, Tangerine Dream, Enigma, Michael Jackson - niemand war vor den Raubmusikern sicher.

Erst nach ein paar Jahren kamen die PC-User in den Genuss der gleichen Technik. Völlig ohne Ahnung, warum das MOD-Format für 4 Stimmen und harte Stereo-Trennung gebaut war, blieben sie diesen Beschränkungen aber oft treu und „vergewaltigten“ die Soundblaster-Chips, um unter CPU-Last die Kanäle mit einem Puffer zu mixen. Aber da man zehnmal mehr Takte pro Sekunde hatte, als der Amiga, waren die Ergebnisse ganz passabel - wenn der AD-Wander und Verstärker den Klang nicht ruinierten.

Es gab zahlreiche Erweiterungen am MOD-Format. Über Codes am Ende der Zelle konnten schon beim Soundtracker in jedem Beat Klangparameter verändert werden. Dort brachte jeder Tracker seine eigenen Erweiterungen unter und viele unterstützten acht statt vier Spuren. Dabei mixten sie je zwei Spuren ähnlich wie PC-Tracker einfach mit der CPU in einen echten Audio-Kanal. Das klang nicht besonders, aber gab mehr freiraum beim Komponieren.

Wer heute einmal mit Sampling experimentieren möchte kann das übrigens mit Garageband auf dem iPhone erledigen. Über das eingebaute Mikrofon kann schnell ein Instrument aufgenommen werden und dann zum Komponieren genutzt werden. Professionelles Sampling ist heutzutage ein aufwändiger Prozess mit sehr vielen Aufnahmen, der sehr natürlich klingende Sounds generiert. Elektronische Klänge sampled man heute kaum noch.

© Sven Mertens 2019