Dieser Tage neu auf Disney+ ist die Realverfilmung von Mulan – ein Kino-Highlight. Weibliche Helden sind derzeit en vogue. Vielleicht ist die beste Beschreibung des neuen Films ein Vergleich. Aber nicht mit dem Vorgänger, sondern vielmehr ein Vergleich mit einem anderen Streifen, den ich kürzlich zum ersten Mal gesehen habe: Captain Marvel.
Zunächst sind die beiden Filme so verschieden, wie es Science Fiction und Fantasy nur sein können. Mehr noch als im Zeichentrickfilm, spielt im neuen Mulan die Magie eine Rolle. Nicht nur das Chi und der Phönix, der den lustigen Drachen ersetzt, sondern auch eine waschechte Hexe ist im Programm. Dafür gibt es in Captain Marvel jede menge Technik und Maschinen. Aber die Ähnlichkeiten zwischen beiden Filmen enden nicht damit, dass die Hauptfigur eine junge Frau ist.
<Es folgen einige Spoiler>
Beide Heldinnen haben besondere Kräfte und am Anfang des Filmes werden sie angehalten, diese nicht zu entfesseln. Später sind es gerade diese Kräfte, die sie vorwärts bringen. Beide trainieren eifrig um eine Kriegerin zu werden. Die Armee untersteht in beiden Fällen einem absoluten Herrscher. Es geht aber noch weiter: In beiden Fällen ist ein vermeintlicher Feind in der Lage, die Gestalt eines Fremden anzunehmen und sich als dieser auszugeben. Bei Mulan wechselt dieser Feind (die Hexe) am Ende die Seiten und unterstützt die Heldin. Bei Captain Marvel wechselt die Heldin stattdessen selbst die Seiten und kämpft mit den Skrull gegen ihren ehemaligen Mentor.
Beide Heldinnen haben am Anfang ihres Werdegangs Widerstände überwinden müssen, weil Frauen beim Militär aus Tradition eingeschränkt wurden. Hier ist dann auch der Bezug zu unserer heutigen Zeit und der politischen Wahrnehmung dieser im Kern unpolitischen Filme zu suchen: Wird hier den Kindern Feminismus gepredigt? Wird das Militär und der Krieg verherrlicht? Exportiert die USA ihr Wertesystem oder nehmen im Gegenteil dazu Chinas Staatsmänner zu viel Einfluss auf die Erzählung?
All das mögen gültige Fragen sein, aber für den Zuschauer sind sie weniger bedeutsam. Captain Marvel ist solides Action-Kino mit einer Prise Humor und erreicht mühelos den gewohnten Marvel-Standard. Der neue Mulan ist noch sehenswerter als der alte Film. Die Schauspieler (in der durchweg überzeugenden Besetzung) spielen nuancierter als Zeichentrickfiguren das können. Das gibt dem Film mehr Tiefe und ist wohl auch der Grund, dass uns die ein oder andere humorvolle Nebenfigur und die vielen Lieder verloren gegangen sind. Im Ergebnis sind beide Filme musikalisch hochwertig aber auch klanglich unauffällig: Pinar Toprak (Captain Marvel) zeigt sich vielleicht etwas vorsichtig bei der Mischung von orchestraler und elektronischer Musik, hat aber eindeutig die Originalität, die es braucht um auch ohne Film hörenswert zu bleiben. Harry Gregson-Williams spickt Mulan mit orientalischen Klängen, ohne dabei den Stil von Hollywoods modernen Märchenfilmen hinter sich zu lassen und übernimmt auch Motive aus 1998.
Fazit: Ich würde Beide noch einmal ansehen. Müsste ich mich für Einen entscheiden, würde Mulan das Rennen gewinnen.